Dährer an einer Vernetzung mit der Klosterstiftung Jerichow interessiert / Erste persönliche Gespräche
Die Regionen kulturell vernetzen, mit den Pfunden wuchern, die es vor Ort gibt: Das planen die Grunewald-Stiftung aus Dähre und die Stiftung KlosterJerichow. Über erste Ideen einer Kooperation ist laut nachgedacht worden.
„Die Stiftungsbehörde aus Halle hat uns gefragt, ob wir der Stiftung Kloster Jerichow helfen können“, sagt Karin Grunewald, die mit ihrem Mann Rolf Willi Grunewald die GrunewaldStiftung gegründet hat. Im Kloster Jerichow soll das dortige Backsteinmuseum zu einer Klosterschule umgebaut werden. Fördermittel sind zugesagt, nur am Eigenanteil mangelte es. Diesen steuerte die westaltmärkische Stiftung bei.
„Das Vorhaben ist ganz in unserem Sinne. Dort können Kinder und Jugendliche künftig Geschichte selbst erleben, etwas herstellen wie einst die Vorfahren“, beschreibt sie. Nach unzähligen Telefonaten habe es ein „super Gespräch“ vor Ort gegeben. „Da haben wir gemerkt, dass unsere Stiftungsziele Parallelen aufweisen“, ergänzt ihr Mann.
Ziel der Dährer Stiftung sei es, Geld nicht nach dem Gießkannenprinzip zu verteilen, sondern langfristige und nachhaltige Projekte in den Bereichen Kunst und Kultur zu fördern, fügt Rolf Willi Grunewald hinzu. So sei es im Kloster Jerichow geplant. Denn der Lerneffekt in der Klosterschule sei nicht auf einen kurzen Zeitraum begrenzt. „Wir möchten nicht das Geld zurückhaben, sondern eine Kooperation hinbekommen“, nennt Rolf Willi Grunewald den Wunsch. Zwei Stiftungen verzahnen, die voneinander profitieren, das sei eine prima Sache.
„Uns liegt die Kultur am Herzen, die wir fördern wollen. Eine Möglichkeit ist es, dass Künstler nicht nur in Jerichow ein Konzert geben, sondern da nach auch in unserer Region. Hier haben wir tolle Veranstaltungsorte. Das Ganze kann auch umgekehrt laufen“, denkt Karin Grunewald laut nach. Auf diese Weise könnten sich beispielsweise für eine ehrenamtliche Theatergruppe, die mit viel Herzblut ein Stück einstudiert habe, weitere Auftrittsmöglichkeiten ergeben, nennt sie ein Beispiel. Der Aufwand zum Vorbereiten sei immens. Wenn ein größeres Publikum dies honorieren könnte, wäre das schön.
In diese Richtung sei der Gedankenaustausch beim Besuch in Kloster Jerichow gegangen. „Es ist eine sehr schöne Anlage, aber sie liegt irgendwie in der Provinz, ist ein Einzelstandort“, beschreibt es der Dährer Stifter. Durch Vernetzung mit der gesamten Altmark könne es bekannter werden, ist er sich sicher. „Wir haben hier das Freilichtmuseum Diesdorf, die Langobardenwerkstatt Zethlingen, Arendsee mit seinen Besonderheiten, romanische Kirchen. Wenn es uns gelingt, das mit dem Ziel Kloster Jerichow zusammenzubringen, dann lassen sich auch nebenbei Impulse für den Tourismus geben“, merkt Karin Grunewald an.
Die Altmark hat noch ein Pfund, mit dem sie wuchern kann: unzählige Großsteingräber. „Davon hatte im Kloster Jerichow noch keiner etwas gehört“, blicken die Dährer auf das Gespräch zurück. Auch aus dieser Besonderheit könne etwas gemacht werden. Allerdings: Ganz unbekannt sei die Altmark in Jerichow nicht. Es habe Diesdorfer Saft auf dem Tisch gestanden, merken sie schmunzelnd an.
Wie es gelingen könne, die beiden Regionen weiter zu vernetzen, darüber denken die Eheleute permanent nach. Den Hof der Stiftung für eine Wochenendfreizeit für Kinder nutzen, mal im Heu schlafen, dieAlpakas und die Schafe kennenlernen, die Ruhe genießen, kreativ sein, das wäre eine Möglichkeit, über die die Stifter nachdenken. Für weitere Ideen, die Einwohner an sie herantragen, wären sie sehr dankbar.
Seit der Gründung der Grunewald-Stiftung am 6. Dezember 2018 seien schon einige Anträge auf Förderung eingegangen. „Die Karnevalsgesellschaft Rot-Weiß 54 Dähre haben wir bereits unterstützt, weil uns deren Arbeit sehr am Herzen liegt. Vom Sportverein Schwarz-Weiß Dähre liegt ein Antrag vor“, nennt Karin Grunewald zwei Beispiele. Der Stiftung gehe es darum, Vorhaben nicht zu 100 Prozent zu finanzieren. Ein sichtbarer Eigenanteil sei erwünscht. „Und wir wären sehr froh darüber, wenn Verein A, der gefördert wurde, bei einer Veranstaltung von Verein B, den wir auch unterstützt haben, mithilft. Da könnte man sich gegenseitig Impulse geben“, erklärt Rolf Willi Grunewald.
Dem persönlichen Kennenlernen seien viele Telefonate und E-Mails vorausgegangen, erinnert sich Roland Maiwald, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Kloster Jerichow. Er habe sich im Vorfeld erst einmal über die Grunewald-Stiftung informiert, „denn gekannt habe ich sie nicht“, gesteht er und fügt hinzu, dass er sich auf die Kooperation freue.
„Da es auch um kulturelle Synergieeffekte gehen soll, war unser künstlerischer Leiter Marco Reiß beim Gespräch dabei“, schildert Roland Maiwald. Er habe im Jahr 2019 die Jerichower Sommermusiken wiederbelebt, die im klassischen Bereich angesiedelt seien. Da Marco Reiß auch in anderen Musikstilen unterwegs sei, habe es vor zwei Jahren das erste Jazzfestival gegeben. „Da lässt sich sicher einiges organisieren, dass Künstler einen weiteren Auftritt in der Altmark absolvieren“, zeigt sich der Vorstandsvorsitzende optimistisch. Der künstlerische Leiter könne zudem die Grunewald-Stiftung beraten, ihnen Kontakte vermitteln, wenn es um Kultur gehe.
Die Stiftung Kloster Jerichow sei der westaltmärkischen Stiftung für ihre Finanzhilfe sehr dankbar, weil es jetzt mit der Klosterschule, die im einstigen Kälberstall und heutigen Backsteinmuseum untergebracht wird, vorangehen könne. „Wir haben schon einen Raum, in dem junge Leute Backsteine selbst herstellen können. Deren Produktion kam im 12. Jahrhundert nach Deutschland. Aus ihnen wurde das Kloster gebaut“, berichtet Roland Maiwald. Der Raum solle durch einen Ofen ergänzt werden, in dem die Steine gebrannt werden. Diese könnten dann als Andenken mit nach Hause genommen werden. Ein anderer Raum, in dem schon im Mittelalter bekannte Pflanzen verarbeitet werden, sei zu einer Kräuterküche umgebaut.
„Neu hinzukommen soll ein Webstuhl. Wolle soll dort verwebt werden“, nennt er ein weiteres Vorhaben. Und auch ein Skriptorium (Schreibstube) sei geplant: Denn in einem Kloster sei es eine wichtige Aufgabe gewesen, Kopien von Büchern herzustellen, durch das Abschreiben per Hand. „Dann können Schüler mal mit Federkiel und Tinte schreiben“, blickt Roland Maiwald voraus. Zudem würden die Sanitärräume verbessert. „Vor Corona haben wir pro Jahr mehr als 1100 Schüler betreut, hauptsächlich durch Ehrenamtliche“, berichtet der Vorstandsvorsitzende.
Die Idee der Grunewald Stiftung, Informationen aus beiden Regionen zusammenzuführen, findet er gut. „Wir müssen von der Kleinstaaterei wegkommen, über den Tellerrand schauen“, meint Roland Maiwald. Die Stiftung habe gute Kontakte zum Schwerpunktbereich Tourismus, der im Landes-Wirtschaftsministerium angesiedelt sei. „Dort werden wir die Idee der Vernetzung in der Altmark mal ansprechen. Vielleicht gibt es schon eine Stabsstelle für solche Aufgaben. Wir kennen sie nur nicht“, merkt er an. Weitere Gespräche mit den Dährern würden folgen. „Ich denke, da wird etwas richtig Gutes wachsen“, zeigt sich der Vorstandsvorsitzende optimistisch.
Von Anke Pelczarski VOLKSSTIMME